Raus aus dem Jingle Jungle – Warum Library Music besser ist, als ihr Ruf

Wenn man in der Kreativbranche unterwegs ist, stolpert man früher oder später über diesen einen abfälligen Begriff: „Jingle Jungle“. Ein Begriff, der klingt wie klirrendes Klimpern, wie eine musikalische Resterampe – belanglos, austauschbar, seelenlos. Ein bißchen wie Fahrstuhlmusik. Wer mit Library Music arbeitet, kennt diesen Vorwurf vielleicht. Und wer noch nie mit ihr gearbeitet hat, glaubt ihn womöglich.

Aber wie so oft lohnt sich ein zweiter Blick. Denn hinter dem Schlagwort steckt ein hartnäckiges Klischee der Vergangenheit, das mit der heutigen Realität wenig zu tun hat. In Wahrheit befindet sich die Welt der Produktionsmusik längst in einem kreativen Wandel – geprägt von hochkarätigen Komponist:innen, erstklassiger Studioproduktion und einer gestalterischen Freiheit, die ihresgleichen sucht.

Woher kommt das Image vom Jingle Jungle?

Früher galten Tracks aus Musikbibliotheken oft als Lückenfüller – schnell produziert, wenig inspiriert, austauschbar. Musik für den Fahrstuhl oder den Wetterbericht. Vielleicht liegt es an dieser Historie, dass sich der Ausdruck „Jingle Jungle“ so hartnäckig hält: Ein Dschungel aus schlecht gemachten Jingles eben. Doch dieses Bild ist nicht nur falsch – es ist vor allem gefährlich. Denn es verhindert, dass Kreative das volle Potenzial dieser Musikform erkennen und nutzen.

Gründe, warum Produktionsmusik heute ganz anders tickt

Wer glaubt, dass Produktionsmusik nur eine billige Kopie „echter“ Musik sei, verkennt gleich mehrere Entwicklungen, die die Branche in den letzten Jahren radikal verändert haben.

1. Die Komponist:innen – keine B-Ware, sondern kreative A-Liga

Die Tracks, die Du in einer hochwertigen Musikbibliothek findest, stammen längst nicht mehr von Hobbyproduzenten mit MIDI-Keyboards im Wohnzimmer. Ganz im Gegenteil: Viele der Komponist:innen und Produzent:innen, die heute für Librarys arbeiten, sind auch in der Popmusik, im Film oder in der Werbung aktiv. Für sie ist Bibliotheksmusik ein kreatives Spielfeld, auf dem sie sich stilistisch frei bewegen können – oft ohne das Korsett enger Briefings oder kommerzieller Erwartungshaltungen.

In vielen Fällen entstehen gerade hier die mutigsten, authentischsten und künstlerisch spannendsten Tracks. Denn wo Freiheit herrscht, entsteht oft Großes.

2. Die Produktionsbedingungen – Studioqualität ohne Kompromisse

Ein weiterer Irrglaube: Library Music sei technisch unterlegen. Dabei entsprechen die Produktionsstandards in der Library Music Welt heute jenen der kommerziellen Musik. Klar, das Budget eines Hans-Zimmer-Scores erreicht man nicht jeden Tag – aber selbst große Orchesteraufnahmen sind in hochwertigen Libraries keine Seltenheit mehr. Warum? Weil Produktionen für Fernsehen, Streaming-Plattformen oder Werbung längst hohe musikalische Erwartungen mitbringen – und weil es inzwischen bezahlbare Wege gibt, diese Erwartungen zu erfüllen.

Die technische Qualität der Tracks ist dabei nicht nur Mittel zum Zweck, sondern Teil der künstlerischen Handschrift. Denn Sound ist längst mehr als Hülle – er ist Ausdruck.

3. Die Musiker:innen – absolute Profis statt Playback-Performer

Auch auf Seiten der Instrumentalist:innen hat sich viel getan. Die Studiomusiker:innen, die an hochwertigen Library Produktionen mitwirken, sind oft auf internationalen Bühnen zuhause. Sie touren mit bekannten Acts, spielen in Orchestern oder sind Spezialisten für seltene ethnische Instrumente, die man sonst kaum zu hören bekommt.

Sie bringen nicht nur handwerkliche Perfektion mit, sondern auch ein tiefes Verständnis für musikalische Nuancen – und genau das verleiht den Tracks eine Lebendigkeit, die man nicht automatisieren kann.

Mehr als nur Musik: ein Zugang zu kreativer Exzellenz

Bibliotheksmusik ist also nicht nur ein Werkzeug zur “Beschallung” – sie ist ein Zugang zu einem riesigen Netzwerk aus Kreativen, Techniker:innen und Künstler:innen, die auf höchstem Niveau arbeiten. Und genau deshalb verdient sie einen neuen Blick. Nicht als Notlösung, sondern als eigenständige Kunstform. Nicht als Ersatz, sondern als Bereicherung.

Wer sich darauf einlässt, entdeckt schnell, dass die Trennung zwischen „echter“ Musik und Library Music eigentlich gar nicht existiert – zumindest nicht auf kreativer Ebene. Die Musik, die aus einer Library kommt, kann genauso emotional, eindringlich und passgenau sein wie eine eigens komponierte Filmmusik. Und manchmal sogar besser. Denn sie ist sofort verfügbar, effizient produziert, adaptierbar im Projekt und doch auf künstlerischem Niveau, das sich vor nichts verstecken muss.

Der echte Jingle Jungle ist ein Klangdschungel voller Möglichkeiten

Wenn Du also beim nächsten Mal das Wort „Jingle Jungle“ hörst – vielleicht sogar mit einem Augenzwinkern – dann nimm das als Einladung. Denn was früher ein klirrendes Geklimper war, ist heute ein Klangdschungel voller Möglichkeiten: komplex, vielfältig, überraschend.

Und wer sich darin zurechtfindet, findet nicht nur den passenden Track für sein Projekt – sondern auch neue Wege, Geschichten zu erzählen. Mit Musik, die wirkt. Die bleibt. Und die weit mehr ist als ein simpler Jingle.

Keep ripping,

Dein Patrick

Patrick von RipCue

Gründer & Geschäftsführer von RipCue Music. Der Junge aus dem Ruhrgebiet, der in München und de Medienwelt wurzeln geschlagen hat gründete RipCue 2015 mit einem klaren Ziel vor Augen: Spezialisiert auf Musik für die Bewegtbildindustrie, mit viel Authenzität, familiären Charakter und lokalen Flair. Im Vordergrund immer die Geschichte, die es gerade zu erzählen gilt.

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